Strompreise bleiben hoch

Mittelstand wird benachteiligt

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Die Strompreise in Deutschland sind im internationalen Vergleich nach wie vor hoch. Sie sind eine wesentliche Ursache dafür, dass Produktionsunternehmen zunehmend ihre Standorte ins Ausland verlegen. Das Gespenst der wohlstandsvernichtenden Deindustrialisierung geht daher für alle sichtbar in Deutschland um. Und die Aussichten sind trübe. Dafür verantwortlich sind auch der Abbau von deutschen Kraftwerkskapazitäten und das für die Preisbildung verantwortliche Merit-Order-System an der Leipziger Strombörse. Die Politik hält daran weiter fest.

Strom in Deutschland

  • 2022 betrug der gesamte Nettostromverbrauch nach Angaben von Destatis in Deutschland 490,6 Terrawattstunden. Noch 2010 lag der Verbrauch bei 540 TWh.
  • Sollte die politisch gewollte Strategie der All Electric Society im Rahmen der grünen Transformation Wirklichkeit werden, dann werden E-Autos und Wärmepumpen den Verbrauch wieder deutlich nach oben treiben.
  • Der zukünftig vermutlich wieder steigenden Nachfrage steht in Deutschland aber ein aktuell sinkendes Angebot gegenüber. 2022 betrug die Bruttostromerzeugung 575 TWh. Das ist nach dem Lockdownjahr 2020 mit 567 TWh der niedrigste Wert. 2017 wurde mit 645 TWh die Spitze in den letzten 10 Jahren erreicht. In den Zahlen zeigt sich die gleichzeitige Stilllegung von Kohle- und Kernkraftwerken.
  • Der Anteil der erneuerbaren Energie (Wind, Solar, Wasser, Biomasse) an der Bruttostromerzeugung stieg daher von 33 Prozent (2017) auf 45 Prozent (2022).
  • Das Problem an dieser Entwicklung ist, dass regenerative Energie in Dunkelflauten flatterhaft und kaum speicherbar ist. So gibt es im Sommer tagsüber zu viel Strom in Deutschland. Länder wie Österreich erhalten dann für die Abnahme eine Gebühr, nutzen den Strom, um z. B. ihre Pumpspeicherkraftwerke aufzufüllen und um dann in der Nacht den daraus produzierten Strom an Deutschland wieder zu verkaufen. Zusätzlich importieren wir Kernkraft aus Frankreich und Kohlestrom aus Osteuropa. Deutschland ist damit nicht mehr autark und alles andere als klimafreundlich.
  • Auf dem Portal der Bundesnetzagentur www.smard.de ist die für den deutschen Mittelstand bis jetzt verheerende Energiewende in Zahlen und Grafiken tagesaktuell gut ablesbar. Zu sehen ist auch, dass der aktuelle Großhandelspreis bei rund 100 Euro pro Megawattstunde liegt. Im Herbst war er weit über 300 Euro/MWh. Auf den Großhandelspreis kommen dann für mittelständische Unternehmen je Verbrauch noch Netzentgelte, Vertriebsmargen sowie Steuern und Abgaben.

Merit-Order-System

Große Industrieunternehmen haben die Möglichkeit, mit Stromerzeugern direkte Verträge abzuschließen. Auch Stadtwerke decken sich meist langfristig außerbörslich (OTC = Over The Counter) ein. Rund 25 Prozent des Stroms wird dann an der Leipziger Börse gehandelt. Die Preisbildung erfolgt dort nach dem Merit-Order-System. Danach bestimmt der Preis des letzten und teuersten Kraftwerks den Gesamtpreis. Wegen des Abbaus von Kohle- und Kernkraftwerken, die für eine kontinuierliche und preiswerte Grundlast sorgten, sind das heute vor allem Gaskraftwerke, die aufgrund des ebenfalls stark gestiegenen Gaspreises auch den Strompreis zur Freude für die Energieversorger und den Staat nach oben treiben.

Industriestrompreis

Die deutsche Politik hält an dem verzerrenden und vor allem den Mittelstand belastenden Merit-Order-System fest. In anderen europäischen Ländern wie Spanien wurden der Preisbildung Grenzen gesetzt. In Deutschland dagegen sollen die hohen Strompreise nach Plänen von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck durch Subventionen auf Kosten der Steuerzahler wieder gesenkt werden.

In den Genuss eines subventionierten Industriestrompreises von 6 Cent/KWh für 80 Prozent des Stromverbrauchs sollen aber nur energieintensive Großunternehmen kommen. Kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) würde dann wieder leer ausgehen und auch im internationalen Vergleich stark belastet bleiben. Das sorgt für Frust bei KMUs. Bundeskanzler Olaf Scholz hat daher dem Industriestrompreis am 16.8. bei einem Treffen der Unternehmer NRW eine Absage erteilt. Er setzt stattdessen auf ein modifiziertes Wachstumschancengesetz. Diese Aussagen sorgten dann wiederum für Frust im großen industriellen Mittelstand. Bei diesem Hin und Her bleibt es spannend.

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