In der deutschen Automobilzulieferindustrie geht es aktuell hoch her. Während die großen Autobauer wie VW, Mercedes und BMW Rekordgewinne durch Preiserhöhungen einfahren, gibt es bei den Zulieferern erheblichen Restrukturierungsbedarf. Sie können die gestiegenen Einkaufspreise und Personalkosten nicht ausreichend weiterreichen, weil es langlaufende Lieferverträge gibt. Die Margen schrumpfen existenziell. Einige große Player wie Allgaier, Eissmann und HAL-Guss mussten daher schon Insolvenz anmelden.
Doch auch in anderen Industriebranchen und vor allem in der Bau- und Immobilienwirtschaft (z. B. Signa, Adler Gruppe) wächst der Druck. Immer mehr Unternehmen vermelden einen Restrukturierungsbedarf. Eine Insolvenz in Eigenverwaltung kann dann anders als die Regelinsolvenz sogar ein Befreiungsschlag sein.
Vorteile einer Insolvenz
Die Insolvenzanmeldung ist immer ein schwerer Schritt und das offizielle Eingeständnis eines Misserfolgs. Sie kann aber auch ein Wendepunkt in eine neue Zukunft sein. Denn bei einer Insolvenz in Eigenverwaltung ist eine Fortführung des Unternehmens nach einer Sanierungsphase in der Mehrzahl der Fälle möglich. Auch bleiben die Alteigentümer (Schuldner) Arbeitgeber und verfügungsbefugt. Externe Sachwalter haben lediglich Kontrollrechte.
Die Insolvenz in Eigenverwaltung befreit im Vergleich zu einer außergerichtlichen Einigung auch schneller von Altlasten. So können Arbeits- und Mietverträge sowie Betriebsvereinbarungen nach der Insolvenzordnung schneller gekündigt werden (drei Monate Kündigungsfrist). Auch sind Abfindungen auf 2,5 Monatsgehälter begrenzt, wodurch notwendige Personalanpassungen liquiditätsschonender verlaufen können. Auch die Zahlung von Insolvenzgeld in den ersten drei Monaten schont die Liquidität.
Schnelles Handeln gefragt
Sollte Ihr Unternehmen in schweres Fahrwasser geraten sein, dann ist schnelles Handeln gefragt, egal ob im Vorfeld oder schon mitten in der Insolvenz.
- Kommunikation: Der offene Umgang mit den Problemen ist wichtig. Informieren Sie die betroffenen Mitarbeiter/innen, Finanzpartner und Eigentümer. Schließlich geht es darum, Vertrauen zu sichern und für eine Sanierung zu werben. Nur wenn es Ihnen gelingt, das Umfeld vom nachhaltigen Strategiewechsel zu überzeugen und die notwendigen Schritte auch konkret umzusetzen, kann sich Erfolg wieder einstellen.
- Strategie: Stellen Sie die Strategie und Geschäftsmodelle Ihres Unternehmens auf den Prüfstand. Berücksichtigen Sie dabei den digitalen, ökologischen und gesellschaftlichen Wandel. Disruptive Technologien oder Gesetze (z. B. Klimawende) können die Spielregeln einer Branche komplett ändern.
- Organisationsstruktur: Der Trend geht heute hin zu kleinen, schlanken, agilen dezentralen Einheiten, die das Ohr ganz nah im Markt haben. Im digitalen Zeitalter sind kreative Schnellboote angesagt. Großunternehmen sind zu bürokratisch.
- Geschäftsprozesse: Sie sind bei vielen Unternehmen häufig immer noch zu wenig kundenorientiert ausgerichtet. Das führt dazu, dass mehrere Personen für einen Prozess verantwortlich sind, jeweils aus der Perspektive der eigenen Organisationsstruktur ("Kästchendenken"). Abläufe dauern zu lange, sind zu kostenintensiv und zu fehlerbehaftet. Effiziente Prozesse sind auch die Voraussetzung für eine wirkungsvolle Digitalisierung.
- Komplexität: Überflüssige Kosten entstehen auch durch Komplexität auf der Produkt- und Kundenseite. Wenn Sie in zu vielen Produkten und Kundensegmenten gleichzeitig tätig sind, steigen Komplexität und Folgekosten in der Produktion, Verwaltung und im Vertrieb. Konzentrieren Sie sich daher auf Ihre Kernleistungen und geben Sie Randaktivitäten auf.
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